Nach acht Tagen in, bzw. nahe Tel Aviv war ich dann zum ersten Mal in Jerusalem - doch ein Unterschied und nicht nur was die Temperatur angeht.
Zunächst hatten wir am Donnerstag unseren ersten Seminar-Tag mit ziemlich vielen anderen Freiwilligen, größtenteils auch aus Deutschland, was ich zunächst nicht besonders toll fand, letztendlich aber doch ziemlich gut war. :)
Die beiden folgenden Tage, sprich Freitag und Samstag hatten wir frei und somit zwei weitere Tage um zumindest einen ersten Eindruck von Jerusalem zu bekommen.
• Donnerstag// Jom Chamischi, 29.01.•
Um 5:00 Uhr aufstehen, um um 6:00 Uhr loszugehen, um um 7:00 Uhr an der Central Bus Station in Tel Aviv zu sein - ich kann mir durchaus einen besseren Start in den Tag vorstellen. Die Central Bus Station ist schon ein seltsames Gebäude. Das Erdgeschoss wird als Etage 4 betitelt, Busse fahren eigentlich nur von den Etagen 4, 6 und 7 (nichtsdestotrotz gibt es natürlich die Etagen 1-3 und 5 voller seltsamer Geschäfte), Rolltreppen fahren grundsätzlich nur in eine Richtung, also entweder hoch oder herunter, und Treppen gibt es gar nicht erst. Wenn man also aus Versehen eine Etage zu weit nach oben oder unten gefahren ist, braucht es einige Zeit, einen Weg zurück zu finden...
In Jerusalem angekommen ging es zunächst nach Yad Vashem. Dort trafen auf so ca. 20 andere Freiwilligen unserer Organisation, mit welchen wir als erstes eine Führung durch das Museum hatten. Das Museum empfand ich als wirklich gut, jedoch war die Führung viel zu kurz, zu oberflächlich und letztendlich erzählte der Guide eh nichts anderes, als sowieso auf den Tafeln zu lesen war. Schade. Wobei ein halber Tag so oder so nicht genug gewesen wäre und ich definitiv vorhabe, die Gedenkstätte noch ein weiteres Mal mit genügend Zeit im Gepäck zu besuchen. Nach der Führung hatten wir noch eine Stunde eine Einheit oder Kurs oder so zum Thema Erinnerungskultur in Deutschland und Israel. Das war ganz interessant, wobei ich wie gesagt lieber mehr Zeit im Museum verbracht hätte und in dieser einen Stunde ja auch nur ein paar Punkte angerissen werde konnten - da sind 60 Minuten auch einfach viel zu kurz.
Dann folgte der bizarre Teil des Tages. Wir fuhren zu einer Art riesigem Shopping-Center mit Kino, in welchem dann die "Conference Honouring The Volunteers
From Abroad 2015" abgehalten wurde. Erstmal gab es wirklich gutes Essen (und das sollte sich auch die beiden folgenden Tage so fortsetzten) und dann folgte in einem riesigen Kinosaal eben jene besagte Konferenz, welcher wir zusammen mit so ca. 500 anderen Freiwilligen (wie gesagt größtenteils auch aus Deutschland, von insgesamt 1270 Freiwilligen, die zurzeit in Israel sind, sind wohl 900 Deutsche...) beiwohnten. Viele wichtige Leute, die viele wichtige Reden hielten, also insgesamt eher weniger interessant - der gute Part waren wirklich die ganzen anderen Freiwilligen, die ja bereits seit 5 Monaten hier sind, uns also so einiges erzählen könnten. :)
Rückblickend scheint mir das war der Tag der seltsamen Gebäude. Dieses Shopping-Center war wirklich eines der schrecklichsten Bauwerke, die ich je gesehen habe. Riesig, unübersichtlich, auch wieder voller Rolltreppen und die Wände im Kino-Teil voller Portraits von toten Stars, fünfmal so groß wie ich. In den vier Stunden, die ich dort drinnen verbracht habe, habe ich glaube ich kein Sonnenlicht gesehen, dafür aber sehr viele grelle, bunte Lichter. Naja gut, ich muss dieses Kino ja nicht noch einmal besuchen.
Nach dem Ende der Konferenz ging es dann für Anna und mich auf Schlafplatzsuche. Isabella hatte sich, vorausblickend wie sie ist, bereits eine Woche vorher via Couchsurfing darum gekümmert. Wir hingegen hatten in der Hoffnung ein paar nette in Jerusalem lebende Freiwillige kennenzulernen, die zufällig ganz viel Platz in ihrer WG- Wohnung haben, einfach Sachen für zwei Tage eingepackt. Das Problem war, dass wir halt nicht die Einzigen mit der Idee waren, wenn man schon einmal in Jerusalem ist, die folgenden Tage auch gleich dort zu verbringen. Dementsprechend waren eigentlich alle irgendwie freien Schlafplätze in jerusalemer Freiwilligen-WGs schon belegt. Nach vielem Herumgefrage fanden wir dann zum Glück doch welche, bei denen zwar schon einige übernachteten, die jedoch nichts dagegen hatten, noch zwei mehr aufzunehmen. :)
Insgesamt waren wir dort dann bestimmt so an die 20 Leute, was wirklich lustig war und der Abend endetet in einer Werwolfrunde.
Der Ausblick von der Terrasse der WG.Wohnung. |
Auf dem Weg dorthin erzählte uns Einer, dass wir gerade die Green Line überqueren würden. Ich hätte nicht gedacht, dass das einfach so geht und das ist natürlich eigentlich auch anderes, aber offiziell ist Gilo, der Ort in dem die WG liegt wohl in der Westbank. Uns wurde erzählt, wenn man die dort lebenden Menschen fragt, würden alle antworten, dass der Teil zu Jerusalem gehört, aber wie gesagt, offiziell ist das wohl anders. Tatsächlich ist es von dort aus genauso weit nach Bethlehem wie nach Jersualem.
Das ganze Thema ist ja ziemlich kompliziert und ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich mich noch nicht so intensiv damit beschäftigt habe. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich definitiv denke, dass man hier insgesamt relativ schnell ein Gefühl dafür bekommt - von Deutschland aus empfand ich das definitiv viel schwieriger einzuschätzen. Sich eine Meinung zu bilden ist eben einfacher, wenn man tatsächlich mit hier lebenden Menschen darüber reden kann.
• Freitag// Jom Shishi, 30.01.•
Alle anderen hatten schon vorher geplant, das Wochenende in Ramallah in der Westbank zu verbringen und brachen deshalb recht früh auf. Wir hingegen konnten ein bisschen länger schlafen, bevor wir dann - gestärkt durch ein Frühstück bestehend aus Crackern und Hummus, lecker! - aufbrachen, Jerusalem zu erkunden. Wir entschieden uns in die Stadt zu laufen, um auf dem Weg schon ein bisschen etwas zu sehen (außerdem wussten wir auch nicht so richtig, welchen Bus wir hätten nehmen sollen). Google Maps zeigte einen Weg von gut einer Stunde an, ehe wir aber tatsächlich in der Old City Jerusalems waren, waren zwei Stunden vergangen...
Der Hinweg |
Eher zufällig war das erste was wir vom historischen Jerusalem sahen der Berg Zion gleich mit einer Vielzahl von historischen "Sehenswürdigkeiten":
Die Dormitio- Bastei von vorn,... |
...hinten... |
... und innen. |
Der Innenhof |
Dann ging es weiter durch das Zionstor in die wunderschöne Altstadt Jersualems. |
mhh... |
Die Grabeskirche kann ja eigentlich gar nicht als eine Kirche bezeichnet werden, sondern eher als "Labyrinth" vieler Kirchen und Kapellen in der Hand verschiedener Konfessionen, die alle irgendwie miteinander verbunden sind - verwirrend und faszinierend zugleich, schon allein aufgrund der Größe. Wir verbrachten jedoch nicht allzu viel Zeit dort, da es uns in den anderthalb Tagen ja erst einmal darum ging, ein bisschen was von der Stadt zu sehen und einen ersten Eindruck zu bekommen.
Kaum wieder im Freien, trafen wir auf drei andere Freiwillige, die wir den Tag zuvor kennengelernt und uns bereits da gut verstanden hatten und mit denen wir auch die restliche Zeit in Jerusalem verbrachten. Sie zeigten uns auch Pita mit Zatar, einem Gewürz, mit dem Hauptbestandteil Thymian. Das, warm auf mit Olivenöl bestrichenem Pita und meine Geschmacksnerven sind glücklich. Wie der Titel schon sagt haben wir in Jerusalem insgesamt wirklich ausschließlich sehr gut gegessen! Das Essen hier im Shalva Center ist wirklich nicht schlecht und ich hatte es mir wie bereits in einem vorherigen Post geschrieben auch definitiv schlechter vorgestellt, aber es ist natürlich nicht zu vergleichen mit frisch vor den Augen gemachtem Essen voller toller Gewürze. Außerdem ist die Konsistenz manchmal etwas gewöhnungsbedürftig - es muss halt für die alten Leute zu kauen sein...
Naja, auf jeden Fall schlenderten wir dann zu sechst weiter durch die Altstadt voller Verkaufstände. Die meisten verkaufen natürlich das Gleiche, aber ich habe das Gefühl hier ist "das Gleiche" schöner als in anderen Touri-Läden und hinzu kommen natürlich die Gewürz, und allgemein Essens-Stände...
Schon allein die Farben ♥ (Dieses Bild ist übrigens (wie alle Bilder in diesem Post mit guter anstatt von schlechter Handy-Qualität) von Anna gemacht. Wie auch beim letzten Post gilt: Wer mehr tolle Bilder sehen will, sollte hier vorbeisehen: imagineisrael.) |
Satt, zufrieden und glücklich ging es dann Richtung Damaskus-Tor. Auf dem Weg dorthin nahmen wir zum Nachtisch noch Erdbeeren und Kumquats mit (jap, frische und reife Früchte im Winter- daran habe ich mich immer noch nicht gewöhnt...) und verzehrten diese dann zusammen mit noch mehr Baklava (hatte ich satt gesagt? ^^) bei langsam untergehender Sonne auf den Stufen vor dem Damaskus-Tor.
Da Freitag war, begann mit der Dämmerung der Shabbat, was gar nicht zu übersehen war, da immer größere Gruppen orthodoxer Juden mit Schläfenlocken und allem Drum und Dran eilig an uns vorbei liefen, in Richtung Klagemauer. Wir beschlossen uns ihnen anzuschließen und das war eine gute Entscheidung, denn das war schon ziemlich beeindruckend. Was man von Religion im Allgemeinen und ihrer Ausübung hält, ist Jedem selbst überlassen und dazu möchte ich hier jetzt auch gar nichts sagen, denn dann sitze ich hier noch eine Weile und schreibe mir die Finger Wund, aber die Betriebsamkeit und feierliche Stimmung die dort herrschte empfand ich definitiv als etwas besonderes. So eine lebendige Atmosphäre habe ich ehrlich gesagt selten erlebt - im Kreis tanzende und dabei singende neben in sich gekehrten, betenden Menschen, Großfamilien mit vielen herumtollenden Kindern und insgesamt wirklich für mein Empfinden viele junge Menschen. Das gesehen und auch irgendwie miterlebt zu haben war auf jeden Fall eine Erfahrung.
So wirklich kann dieses Bild die Atmosphäre gar nicht wiedergeben, aber ich habe sie ja beschrieben (oder es zumindest versucht) |
Nach einiger Zeit des herumlaufens und suchens, fanden wir schließlich ein äthiopisches Restaurant, in welchem wir den Abend mit einem Tee ausklingen ließen.
Da ja wirklich fast nichts mehr geöffnet war, beschlossen wir dann schon recht früh, uns auf den Heimweg zu machen. Wieder hieß es laufen, da ja wie gesagt Shabbat war und keine Busse fuhren. Also verbrachten wir die Zeit von 21:00 bis 23:00 Uhr damit, mit ein paar Umwegen und ein paar Mal Verlaufen wieder nach Gilo zu wandern. Jetzt, in der Nacht, machten sich auch die niedrigeren Temperaturen bemerkbar, aber netterweise hatte mir Meren, eine der Drei, die wir zufälligerweise getroffen hatten, mir ihre Strickjacke geliehen, weshalb ich auf dem Heimweg dann glücklicherweise nicht erfror. ;)
Dann dort angekommen war das Problem, dass wir uns beide nicht mehr so richtig daran erinnerten, welche Wohnung genau denn nun die richtige war. Nun war es aber auch schon nach 23:00 Uhr und wir hatten auch keine Möglichkeit mit Irgendjemandem zu kommunizieren, da wir immer noch keine israelischen Sim-Karten haben. Also verbrachten wir noch einmal eine knappe Stunde damit, zunächst herauszufinden, welche denn nun genau die richtige Wohnung war, dann in das Treppenhaus zu kommen (welches von der Seite, von der wir gekommen waren, abgeschlossen war - zum Glück war es von der anderen Seite geöffnet), welches sich dann doch als das falsche herausstellte. Endlich im richtigen Treppenhaus, störten wir noch kurz eine ukrainische Freiwilligen-WG (in der zum Glück noch niemand schlief) und kamen dann endlich an unserem Zeil an...
Ziemlich tot von dem ganzen Gelaufe des Tages und den Anstrengungen der letzten Stunde, fielen wir dann ins Bett, bzw. auf die Couch und schliefen sofort ein.
• Samstag// Shabbat, 31.01.•
Für diesen Tag hatten wir nicht wirklich großartiges geplant, weshalb erst einmal lange ausschlafen angesagt war. Nach einem wunderbaren Frühstück bestehend aus Pita mit Zatar und Kumquats machten wir uns wieder zu Fuß auf in die Stadt, es fuhr ja schließlich immernoch nichts. Wir hatten mit den Dreien ausgemacht, uns am Israel Museum, dem israelischem Nationalmuseum, zu treffen, allerdings brauchten Anna und ich so lange, bis wir zum einen loskamen und zum anderen dort ankamen (Wegfindungsschwierigkeiten und so ;) ), dass es sich sowohl zeitlich als auch preislich einfach nicht mehr gelohnt hätte, sich das Museum noch an diesem Tag anzugucken. Das war ja aber nicht unser letzter Jerusalem-Besuch und wir haben uns vorgenommen, dem Museum einmal einen ganzen Tag zu widmen.
Stattdessen setzten wir uns in die Sonne und genossen einen guten Kaffee. Eigentlich wollte ich einen Eiskaffe trinken, aber die Verkäuferin erklärte mir mit ungläubiger Miene, dass doch Winter sei und man Eiskaffee nur im Sommer tränke, weshalb sie gar keinen dahabe. :D Der Kaffee war wirklich eine Wohltat nach dem Instant-Kaffee, den es hier leider fast ausschließlich gibt.
Da wir am nächsten Tag wieder arbeiten mussten, war für diesen Tag auch die Heimfahrt geplant (natürlich erst nach der Dämmerung, vorher fahren ja auch keine Fernbusse) und dementsprechend hatten wir auch schon unser Gepäck mit, weil wir nachmittags ja natürlich nicht noch einmal nach Gilo hin-und zurück laufen wollten. Glücklicherweise konnten wir unser Gepäck im Hostel von Meren, Christina und Sara abladen, welches sehr zentral in der Old City lag.
Wie bereits gesagt gab es nicht wirklich weitere Pläne, weshalb wir uns einfach noch ein bisschen durch die Gassen treiben ließen, quatschten und noch mehr Baklava und Erdbeeren aßen - ein ziemlich perfekter Ausklang für die drei Tage, wenn man mich fragt. :)
Das Bild ist für mich schon Werbung genug ;) (Übrigens auch von Anna gemacht - sie hat ein Auge für schöne Dinge :) ) |
Anscheinend heißt so eine Station der jerusalemer Tram - wenn man da mal das K klaut ;) |
Es stellte sich heraus, dass die Station, zu der er uns mitnahm, Tel Aviv Ha-Shalom war, von welcher unser Heimweg nur 20 Minuten beträgt, weshalb wir uns dann doch aufrafften und den Rest liefen, anstatt noch auf irgendeinen Bus zu warten.
Wieder in Shalva angekommen, waren wir wieder so fertig, dass nur noch an schlafen zu denken war.
Das war mein erstes Mal in Jerusalem - insgesamt wirklich schön und besonders kulinarisch ziemlich gut. ;)
Hier ging es dann gleich weiter mit Leckereien, da am Mittwoch, dem 04.02. Tu BiShevat// ט״ו בשבט, das Fest der Bäume gefeiert wurde und wir dementsprechend Teller voll mit getrockneten und frischen Früchten, kleinen Küchlein und Bonbons vorbereitet wurden.
Ich habe es jetzt erst geschafft, den Post zu beenden, aber ich denke auch wenn das jetzt schon fast zwei Wochen her ist, waren das drei sehr schöne Tage, von denen es sich zu schreiben lohnt. :)
Ich schreibe immer sehr detailreich und ausführlich, weshalb es dann eben auch so lang dauert, bis ich mal fertig werde. Deshalb habe ich mir vorgenommen lieber oft und kurze Posts, als selten und dafür sehr lange zu schreiben - ich denke das ist dann auch angenehmer zu lesen. Wenn Jemand andere Verbesserungsvorschläge hat, immer gern Bescheid sagen! :)
Das nächste Reiseziel ist jetzt Haifa, da bin ich auch sehr gespannt. :)
Man sieht sich,
Davida // דוידה
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